Projekt A3:

Lebenschancen, Berufswege und Delinquenz von Haupt- und Sonderschulabsolvent(inn)en. Bilanz einer Längsschnittstudie in vergleichender Sicht

Team: Prof. Dr. Karl F. Schumann, Dr. habil. Andreas Böttger, Dipl.-Soz. Beate Ehret, Dipl.-Soz. Fred Othold, Dr. Gerald Prein, Dr. Lydia Seus


Diese prospektive Längsschnittstudie der Abgangskohorte 1989 ehemaliger Haupt- und SonderschülerInnen in Bremen, befindet sich jetzt in der letzten DFG Förderphase (2000-2001). Das Beobachtungsfenster erstreckt sich damit mittlerweile auf elf Jahre nach Schulabgang. Es soll abschließend geklärt werden, welche Lebenschancen Personen mit unteren Bildungsabschlüssen in der deutschen Gesellschaft der Jahrtausendwende haben. Zentrale Analysefelder sind hierbei die beruflichen Verläufe sowie Erwerbs-/Arbeitslosigkeit bzw. die Herausarbeitung von Integrations- und Ausgrenzungsrisiken bildungsbenachteiligter junger Erwachsener, die zudem hinsichtlich ihrer Geschlechtsspezifik zusätzlich ausdifferenziert werden sollen. Diese beruflichen Dynamiken und Risiken werden in Relation zur Delinquenzentwicklung gesetzt.
Dazu wird eine letzte Datenerhebung durchgeführt, die auch Selbstberichte zu kriminalisierbarem Verhalten für die Jahre 1997, 1998 und 1999 umfasst. Diese Datenbasis ermöglicht es anschließend, die Ausstiegskurve aus strafbarem Handeln bzw. den Umstieg von Jugenddelinquenz zur Bagatellkriminalität der "Angepassten" zu rekonstruieren.
Des weiteren besteht seit 1997 eine intensive Kooperation mit dem Denver Youth Survey (DYS). Der Bremer Längsschnittdatensatz weist ein gleich langes Beobachtungsfenster (1989-1999) wie die Parallelstudie in Denver auf und erlaubt den Vergleich der Auswirkungen unterschiedlich repressiver strafrechtlicher Kontrolle der Adoleszenzphase in den USA und Deutschland auf die Lebensläufe junger Menschen.
Schließlich wird das parallel zur quantitativen Erhebung durchgeführte - sehr seltene - qualitative 5-Wellen-Panel, bei dem dialogisch geführte Leitfadeninterviews zum Einsatz gelangten (Mikro-Panel), abschließend ausgewertet. Diese Datenquelle erlaubt die Rekonstruktion biographischer Selbststeuerungen angesichts markanter Selektions-prozesse in Berufsbildung und Arbeitsmarkt. Auch hierbei gilt möglichen Zusammenhängen zu Verläufen von Devianz bzw. Delinquenz besondere Aufmerksamkeit. Unter anderem interessieren dabei Gruppenphänomene und die bisher nur wenig untersuchte Phase des "Ausstiegs" ("desistance") aus delinquentem Handeln.
Die wesentliche Erkenntnis von A3, dass eine lineare Beziehung zwischen Problemen der Ausbildung bzw. auf dem Arbeitsmarkt einerseits und Delinquenz andererseits nicht existiert, hat in der Fachwelt zu Kontroversen geführt. Es gilt, durch sorgfältige abschließende Analysen in den drei Forschungssträngen des Makro-Panels, des Mikro-Panels und des parallelen Datensatzes des Denver Youth Surveys, diese Befunde zu erhärten.
Insgesamt geht es um folgende Forschungsfragen:

  • Wie interagieren Ausgrenzungsprozesse am Arbeitsmarkt mit Prozessen der Kriminalisierung?
  • Wie unterscheiden sich Integrations- und Ausgrenzungsrisiken für Männer und Frauen?
  • Wie wirken verschiedene Jugendstrafrechtssysteme auf Delinquenz und zukünftige Kriminalität Jugendlicher? Lassen sich negative Auswirkungen des gegenüber Deutschland rigoroser intervenierenden Systems der USA aufzeigen?
  • Welche Rolle spielen Ablösung aus Peer-Groups ("Cliquen", "Gangs") und Familiengründungen für Delinquenz-karrieren, auch im Geschlechtervergleich?
  • Welche biographischen Ereignisse bewirken einen Verzicht auf delinquente Handlungen ("desistance"), und welche eine Verfestigung ("persistence")?


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